Dokumente zur Führung der Schule von 1800 - 1900 in KÖSTRITZ
Briefe von 1828 und 1832 zur Amtsführung der Schule Köstritz
Nachdem wir die von dem Kantor Johann Friedrich Kabitzsch zu Köstritz bei uns angebrachte Beschwerde über die Verweigerung zweier Klaftern (altes Raummaß bei Holz) Scheitholz aus dem Köstritzer Kirchenholze außer den ihm laut der über seine Anstellung ergangenen Ephoralaktion (Ephorat = Amtsbezirk) gebührenden sechs Klaftern für völlig begründet erachten müssen, in dem bei genauer Erörterung der Sache sich ergeben hat:
dass die bisher verweigerte Verabfolgung der fraglichen zwei Klaftern Scheitholz, welche dem jedsmaligen Kontor im Jahre 1793 wegen Vermehrung seiner Dienstgeschäfte durch Anschaffung des neuen Glockengeläutes bewilligt wurden, auf einer statt gefundenen Verwechslung mit denjenigen zwei Klaftern Stockscheiten sich gründen, welche dem Kantor Scheuer und seinen Amtsnachfolgern wegen vermehrten Schulunterrichts zur Heizung der Schulstube mittwochs und sonnabends laut Anweisung und Resolution ihrer Kirchenkommission am 25. Juni 1807 zugestanden wurden, übrigens aber der Kantor Kabitzsch dahin sich verbindlich erklärt hat, wegen seiner Ansprüche auf diese zwei Klaftern für die Jahre 1820 bis 1829, folglich auf 18 Klaftern mit einem Aversionalquanto von 30 rh. Curr. zufrieden sein zu wollen, welche 30 rh. nach Angabe des Försters Haueisen aus dem noch anstehenden Nutzholz im Kirchenholz füglich gewonnen werden können;

so werden die Kirchväter zu Köstritz hiermit angewiesen:
Die in Frage stehenden 30 rh. Curr. noch im Laufe dieses Jahres an den Kantor Kabitzsch zu bezahlen, für die Zukunft aber die ihm wegen des Glockengeläutes bewilligten zwei Klaftern Scheitholz außer den ihm noch gebührenden zwei Klaftern Stockholz zu Heizung der Schulstube unweigerlich verabfolgen zu lassen und durch fernere Verweigerung keine Veranlassung zur Beschwerde zu geben.

Übrigens haben die Kirchvorsteher diese Anweisung an den Herrn Pfarrer Schottin abzugeben, um solche im Pfarrarchiv verwahrlich beizulegen.

Gera, den 15. Juli 1829.
Zur Kirchen-Kommission gnädigst Verordnete,
M.JHC Behr JH Gotthelf Breulich

Hochwürdiger, Hochzuehrender Herr Pastor und Amtsbruder,
Nachdem das hochpreisliche Konsistorium auf pflichtschuldigst erstatteten Ephonalbericht (Ephorat = Amtsbezirk) über das zu bestimmende Kirchen- und Schulverhältnis der Einwohner der Sahne Heinrichshall unweit Langenberg die Resolution erteilt hat,
,,dass die Kinder der in Heinrichshall innerhalb Pohlitzer Flur wohnenden Familien in die Schule nach Pohlitz zu verweisen, die Familien selbst als zur Pohlitzer Filialgemeinde zugehörig zu betrachten und in kirchlicher Erziehung die dortigen Parochienen gleich zu behandeln. Die Einwohner solcher Salinengebäudefaber, welche etwa künftig in Stublacher Flur aufgeführt werden dürften, als zur martristischen Kirchengemeide, so wie zum Schulverbande in Langenberg zugehörig anzusehen sind.
so werden Euer Hochwohlehrwürden hiermit veranlasst, die Kinder des Salz-Kontrolleurs Wenk auf genannter Sahne, welche nach der hier eingegangenen Anzeige dermalen noch die Schule zu Köstritz besuchen, fernerhin nicht mehr zur Teilnahme an dem öffentlichen Schulunterrichte zu admittieren, sie vielmehr in Gemäßheit der verordneten Einrichtung an den Schullehrer zu Pohlitz zu verweisen, um dass dieses geschehen sei, dem Herrn Pastor Zingler zu Langenberg gefälligst anzuzeigen.

Mit der Versicherung aufrichtiger Hochachtung verharre ich
Superintendent, Gera
den 30. Okt. 1832 

Euer Hochwohlehrwürden
ergebenster Diener
und Amtsbruder

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Auszüge aus Schulchroniken von Pfarrer Schottin 1842 und Lehrer Merkel 1948
 
Schottin
"Sein Vater Schullehrer - sein Urgroßvater ein Hugenott aus Frankreich: Chaudien wandelte den Namen um in Schottin. J. D. F. Schottin trat 1811 die Rektorenstelle an der Stadtschule Apolda an. Durch Vermittlung seines Bruders, den Leibarzt und Hofrat Schottin, erhielt er die Einladung nach Köstritz eines Tages die Pfarrstelle anzutreten. Das klappte ein Jahr später nach dem Tod seines Vorgängers."      

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Grimm
"… der Zeit Cantor, aus Sysrau, geboren am 18. April 1897. Er besuchte die Schule zu Plauen bis zum Abiturientenexamen, ward aber durch häusliche Verhältnisse gehindert, seiner Neigung zu den theologischen Studien zu folgen. Im Jahre 1818 bekam er das Cantorat in Saalburg; Exaudi 1832 tat er in hiesiger Kirche die gewöhnliche Probe und wirkte seitdem in rüstiger Kraft"(Schottin)
"Er besuchte die höhere Schule in Plauen bis zum Abiturientenexamen wurde aber durch häusliche Verhältnisse gehindert, seine theologischen Studien zu beenden. Zuerst Kantor in Saalburg hielt er exakt 1832 in hiesiger Kirche die übliche Probe und wirkte in rüstiger Kraft 4o Jahre segensreich. Seine ehemaligen Schüler bezeichneten ihn als einen langen, hageren Mann, der, wie damals üblich, stets mit einem Zylinderhut ausging.
Er führte in seiner Oberklasse für Knaben ein strenges Regiment, wie mir mein Vater als sein ehemaliger Schüler wiederholt erzählte. Sein Wirkungsort und seine Wohnung befanden sich in der alten Kantorschule am Kirchplatz. Er ist am 3.I2.188o hier verstorben."    

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Falke
"Während er die oberen Knabenklassen führte, betreute Louis Friedrich Falke, geb. 1838 in Zschippach bei Gera, als Sohn des Maurers Falke die ABC-Schützen in väterlicher und fürsorglicher Weise und unterrichtete die oberen Mädchenklassen. Als Gemütsmensch war er bei seinen Zöglingen, zu denen auch ich mich zählen konnte, allgemein beliebt. Leider wurde er schon mit 57 Jahren am 1.2.1895 plötzlich durch Herzschlag aus dem Leben abberufen. Ein noch gut erhaltener Grabstein auf dem alten Friedhof gegenüber der Eingangstür zu seinem einstigen Wirkungsort, erinnert uns noch heute an seine segensreiche Erziehertätigkeit."       

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Albrecht
"Lehrer Eduard Albrecht, dessen Vater dort das Korbmacherhandwerk betrieb, unterrichtete die Kinder der Mittelklassen, mit denen er 1890 wegen der Enge des bisherigen Raumes in das schon angeführte Palais übersiedelte. Er war ein begeisterter Freund der Natur und besonders unserer befiederten Sänger. Für diese habe ich ihm oft Futter in sein Junggesellenheim in der Berggasse gebracht. In diesem reihte sich Bauer an Bauer, neben- und übereinander. Das war ein Zwitschern und Singen, Pfeifen und Tirilieren der gelben Kanarienvögel, der grauen Nachtigallen, der Stieglitze, Zeisige und vieler anderer einheimischer Vögel, die zum Teil im Zimmer herumflatterten und sich mir zahm auf Kopf und Hand setzten. Leider glückte es nicht, im heimischen hiesigen Park ausgesetzte Nachtigallen einheimisch zu machen. Wegen eines schweren Herzleidens musste der in seinen besten Jahren stehende junge Lehrer schon 1894. in den Ruhestand gehen. Er starb bald danach im. Alter von 28 Jahren in seiner Heimatstadt Auma."     

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Langenberger
"Er war ein zwar strenger, aber gerechter Lehrer, gewissenhaft in seiner Pflichterfüllung, ein vorbildlicher, exakter Turnlehrer und Leiter aller sportlichen Veranstaltungen.
Als Lehrersohn war er am 5.11.1874 im nahen Gleina geboren später zum Oberlehrer ernannt, ging er nach 39 jähriger Dienstzeit wegen eines Herzleidens am 1.5.1954 in den Ruhestand, starb am 27.2.19.. und fand auf dem hiesigen Friedhof seine letzte Ruhestätte."         

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Hempel
"Er wurde 1859 im nahen Tautenhain als Sohn eines Bauern geboren. Von Jugend auf mit dem Wald verwachsen, erklärt sich wohl auch seine Liebe zu diesem und sein Interesse an der Jagd, der er in seinen freien Stunden gern nachging. Später wurde ihm unter gleichzeitiger Verleihung des Oberlehrer-Titels die Leitung der hiesigen Schule übertragen, welches Amt er bis zu seinem am 27.6.1916 erfolgten Tode verwaltete. Auch er fand seine letzte Ruhestätte auf dem hiesiger Friedhof"  

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Einwohner des Ortes "KÖSTRITZ" und Schülerzahlen des 19. Jahrhunderts
1839/40 = 212 Schüler = 1337 Einwohner
1860/61 = 244 Schüler = 1457 Einwohner
1871/71 = 291 Schüler = 1516 Einwohner
1874/75 = 316 Schüler = 1590 Einwohner
1884/85 = 330 Schüler = 1756 Einwohner
1890/91 = 353 Schüler = 1914 Einwohner
1895/96 = 367 Schüler = 2169 Einwohner

01.01.2005 = 163 Schüler = 2909 Einwohner

Anmerkung: Es wurden nur Schüler gezählt, die in dem gleichen Einzugsbereich zu Hause sind wie die Schüler von 1839 bis 1896 - nur der Ort Köstritz. Weiter wurden nur die Altersstufen von 6 - 14 Jahren einbezogen; das entspricht etwa den Jahrgängen des 19. Jahrhunderts. Die für 2005 genannte Schülerzahl berücksichtigt auch Schüler der Altersgruppen, die in Köstritz wohnen, aber anderswo die Schule besuchen.
Umliegende Ortschaften wurden nicht einbezogen, da sie im 19. Jh. eigene Schulen betrieben.
Es ist unschwer zu erkennen, dass sich die Schülerzahl 2005 in etwa halbiert hat im Vergleich zum 19. Jahrhundert. Das Ergebnis wird noch ungünstiger, wenn man bedenkt, dass erst gegen Ende des 19.Jh. Schüler mehr als 6 Jahre die Schule besuchten.                       <<<< zurück zur Seite 1800-1900        
Anweisung zur Einhaltung von Rechtsvorschriften
               "Nachdem neuerdings die Wahrnehmung gemacht worden ist, daß in den Fabriken hiesiger Stadt Kinder aus verschiedenen Ortschaften des hiesigen Bezirkes, welche das 12. Lebensjahr zurückgelegt haben, beschäftigt werden, so ergeht an die Schulvorstände hiesiger Diözes andurch die Veranlassung, darüber zu wachen, daß künftig hinsichtlich der Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Fabriken den Bestimmungen der Bundesgewerbeordnung vom 21. Juni 1869 (Bundesgesetzblatt Seite 274) und des Volksschulgesetzes vom 4. November 1870 (Gesetzessammlung Band XVI, Seite 251) pünktlich nachgegangen werde.
                      Die für Kinder unter 12 Jahren etwa bereits ausgestellten Arbeitsbücher sind sofort von den betreffenden Gemeindevorständen, welche die Bücher ausgestellt haben, wieder zurückzuziehen."

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Stundenplan Winterhalbjahr 1887/88     <<< zurück Seite 1800-1900
Zeit Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Sonnabends
8-9 Katechismus bibl. Geschichte Raumlehre Kopfrechnen Katechismus Bibl. Geschichte Perikope Kirchenlied
9-10 Rechnen Lesen/Sprachlehre Aufsatz Rechnen Lesen/Sprachlehre Lesen Vortrag
10-11 Diktat Naturgeschichte Naturlehre Singen Diktat Zeichnen Singen
11-12 Geschichte Schönschreiben Anschauungsu. Rechnen Erdkunde Anschauungsu. Heimatkunde Anschauungsu. Lesen/Schreiben
  PAUSE          
1-2 Bibl. Geschichte bibl. Geschichte Rechnen weibliche Handarbeiten Bibl. Geschichte bibl. Geschichte Rechnen weibliche Handarbeiten
2-3 Lesen/Schreiben Lesen/Schreiben Handarbeiten Lesen/Schreiben Lesen/Schreiben Handarbeiten
3-4 Rechnen Singen     Rechnen Schönschreiben    
Schulordnung von 1838 - AUSZÜGE             
o
§1 Diejenigen Knaben und Mädchen, welche zu Ostern eines laufenden Jahres das sechste Lebensjahr entweder schon erreicht haben, oder in den nächsten 6 Monaten erreichen, sind von diesem Zeitpunkt an als schulpflichtig anzusehen.

§5 Der Schulunterricht dauert bis zur Confirmation des Kindes, welche bei Knaben nach zurückgelegtem l4ten, und bei Mädchen nach zurückgelegtem l3ten, Lebensjahre erfolgt, wenn die erforderliche Tüchtigkeit erworben worden ist. Bei. den Knaben können 3 Monate von dem Gesetzlichen Alter erlassen werden, sobald vorzügliche Reife nach dem Urteil des Ortspfarrers und des Schullehrers stattfindet; bei Mädchen dagegen in diesem Falle nur einen Monat.

§7 Bei willkürlichen und nicht auf genügenden Entschuldigungsursachen beruhenden Versäumnissen werden die Eltern, oder die Stellvertreter derselben, nach zweimaliger fruchtloser Ermahnung des Ortspfarrers vor dem Schulvorstande, für jeden Tag mit 6 Pfennigen und, wenn 8 oder Mehr Tage nach einander versäumt worden sind, mit 1 Groschen für jeden Tag als

 Strafe an die Ortsschulkasse von der Obrigkeit, die fürderen Betreibung und Ablieferung zu sorgen hat, belegt. ...

§9 Ausgesetzt wird der Schulunterricht:
1) Während der Getreideernte 4 Wochen dergestalt, daß in der 4. Woche vormittags 2 Stunden die erste, und 2 Stunden die 2. Klasse Unterricht empfängt. (Die 1. Klasse sind die ältesten Schüler.)
Der Anfang findet in jedem Ort mit dem Anfang der Ernte statt und wird, wie die Wiedereröffnung der Schule, nach Beendigung der Ernte sonntags vorher von der Kanzel abgekündigt. . .

§ 10 Die Schulstunden beginnen von Ostern bis Michaelis 6 Uhr und dauern bis 10 Uhr, und nachmittags 12-13 Uhr. Während des Winterhalbjahres beginnen sie in den Monaten November, Dezember, Januar und Februar erst um 8 Uhr und dauern bis 12 Uhr. Nachmittags beginnen sie um 1 Uhr und dauern bis 3 Uhr.

§ 12 Hinsichtlich der Einrichtung des Lektionsplans bestimmen wir im allgemeinen folgendes: 1.In der Elementarklasse sind zu 

ertheilen: 3 Stunden Religion mit biblischer Geschichte, 6 Stunden Lesen, 2 Stunden Schreiben, 2 Stunden Kopf- und Tafelrechnen, 3 Stunden Denk-, Sprach- und Gedächtnisübungen mit gemeinnützigen Kenntnissen Gesangübungen schließen sich an die passenden
Stunden an.
2.In der Oberklasse 6 Stunden Religion mit Bibellesen und biblischer und Religions-Geschichte incl. der 3 Stunden, welche der Ortspfarrer zu erteilen hat, 4 Stunden Lesen, 2 Stunden Übungen in deutscher Sprache und schriftlichen Aufsätzen, 3 Stunden Schreiben, 3 Stunden Kopf- und Tafelrechnen, 2 Stunden Gedächtnisübungen, 2 Stunden gemeinnützliche Kenntnisse nach Wilmsens Kinderfreund oder Hempels Volksschulenfreund, so daß nacheinander das Nötigste aus der Naturbeschreibung und Technologie, aus der Natur- und Gesundheitslehre, aus der Geographie und Geschichte folgt, und alle 2 Jahre der Kursus von neuem anfängt; und 1 Stunde Gesang. .

§ 26 … übrigens ist derselbe (Distriktinspektor) verpflichtet, wenigstens jährlich einmal unerwartet die ihm untergebenen Schulen zu besuchen, . . .

§ 34 In bezug auf die Obliegenheiten der Schullehrer, als solcher, …, erachten wir für nötig, folgendes zu verordnen:
1) Jeder Schullehrer ist dem Lokalinspektor als seinen nächsten Vorgesetzten , in allen Amtsangelegenheiten pünktlichen Gehorsam schuldig, und hat sich in allem, was seine Amtsführung betrifft, zunächst an ihn zu wenden und den Anweisungen, Winken und Ratschlägen desselben…
2.) In seinem Schulamte darf sich keiner ohne Bewilligung des Lokalinspektors durch einen anderen vertreten, noch sich Hilfe leisten lassen, noch sich in dem Lektionsplan eine eigenmächtige Anänderung, oder willkürliche Abweichung erlauben.
3) Die festgesetzten Schulstunden soll er pünktlich halten, sie weder später anfangen, noch abkürzen, noch willkürlich unterbrechen, auch nicht wegen Bestellung von Gevatterbriefen ..., noch weniger die Kinder dazu, oder in seine Wirtschaft gebrauchen, auch nie dieselben in der Schulstube allein lassen, während des Unterrichts vollständig und anständig gekleidet sein, und sich des Essens, Tabakrauchens, oder anderer Unschicklichkeiten gänzlich enthalten, die Lehrstunden selbst sowohl Vor- als Nachmittags mit kurzem Gesange und Gebete anfangen und beschließen; und alles, was zur Vorbereitung des Unterrichts gehört, Als Vorschreiben, Durchsicht und Korrektur schriftlicher Arbeiten, soweit als möglich, außer der Schulzeit besorgen.
5) Die Schulstube soll er stets reinlich und ordentlich halten und bloß für den Schulzweck, so lange der Unterricht dauert, benutzen.
Hieran ist, da alle Schulhäuser außer der Schulstube, noch eine besondere heizbare Wohnstube enthalten, nicht die geringste Ausnahme zu Gunsten der Familie, oder der Wirtschaft zu gestatten.
7) Indem ihm zur besonderen Pflicht gemacht wird, während der Lehrstunden auf strenge Zucht zu halten und seine Wachsamkeit über die Kinder auch auf das Betragen derselben außer der Schulzeit auszudehnen, erwartet man jedoch, daß er sich des Stockes möglichst enthalte und mehr solche Strafen mit Vorsicht anwende, die das Ehrgefühl der Kinder wecken, z. B. Verweise vor den Schülern, Stehenlassen in der Reihe, Heraustreten des Strafbaren während der Lektion, Heruntersetzen um einen, oder mehrere Plätze, Einschreiben in das Sittenbuch Anschreiben des Namens an die Straftafel, Absonderung auf die Strafbank, Zurückbehalten in der Schulstube nach der Lehrstunde, doch n ohne Beschäftigung und ohne die Eltern zu benachrichtigen. Bei größeren Vergehen hat er dem Lokal-Inspektor Anzeige zu machen, und dessen Entscheidung oder Verfügung zu erwarten.
9) Außer der treuen Verwaltung seines Amtes soll er übrigens in seinem ganzen Benehmen als achtungswürdig erscheinen, sich eines weltsinnigen Wandels enthalten, an öffentlichen Tänzen nicht teilnehmen, überhaupt den Besuch der Schenken und Gasthöfe möglichst vermeiden, das Mitaufspielen bei öffentlicher Tanzmusik unterlassen, bei Ehrenausrichtungen nicht über Mitternacht verweilen, und sich auch in seiner Kleidung nach seinem Amte richten. Auch hat er sich zu hüten, daß er nicht durch unvorsichtige Teilnahme an öffentlichen Kartenspielen oder an anderen Glücksspielen Anstoß errege und Ärgernis gebe.

§ 36 Die Heizung der Schulstuben soll fernerhin nicht mehr den Schullehrern aus ihren Mitteln zugemutet werden; es hat vielmehr jede Gemeinde für die unentgeltliche Lieferung und Anfahrung des zur Schule nötigen Brennholzes zu sorgen …    §4o Da die Sorgfalt für Verbesserung des Schulwesens hauptsächlich erfordert, daß diejenigen Lehrer, welche wegen Alter, Krankheit oder sonstiger Umstände ihrem Amte nicht mehr genügend vorstehen können, zur Ruhe gesetzt und Ihre Stellen tüchtigem und rüst gern Männern übertragen werden …
Im allgemeinen erteilen wir aber hierfür folgende Vorschriften:
1)
Wenn der emiritierende Schullehrer 40 Jahre und darüber ein Schulamt gewissenhaft verwaltet hat,  . . ., so sind ihm zwei Dritteile seiner Einkünfte zu sichern …                         

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Leitfaden für Volksschullehrer, Ministerium Gera, 1877
Auszüge zum Verhalten der Lehrer in der Öffentlichkeit, zu den Schülern, zum Lektionsplan, zur Schulzucht zur körperlichen Züchtigung und zu erzieherischen Grundsätzen, ...  
         
 
§. 3. Der Lehrerstand ist an sich schon einer der wichtigsten und für das allgemeine Wohl einflussreichster Stände und wird als solcher gern und willig allenthalb anerkannt. Um so bestimmter muß deshalb von jedem Lehrer gefordert werden, dass er alles vermeidet, was die Ehre und den berechtigten Einfluß seines Standes schmälern könnte und alles thue, was die Würde und Bedeutung seiner öffentlichen Stellung zu erhalten und zu fördern ist.

§. 4. der Lehrer hat deshalb in der Schule und vor seinen Schülern sich stets eines würdevollen, ernsten, gemessenen und liebreichen Wesens zu befleißigen, ...

§. 5. Auch äußerlich hat sich der Lehrer wohlanständig zu halten, und namentlich bei seinem Dienste immer in angemessener, reinlicher und vollständiger Kleidung zu erscheinen.

§. 7. Die durch den Lektionsplan festgesetzten Schulstunden hat der Lehrer pünktlich zu beginnen und zu schließen. Ohne Genehmigung des Schulvorstandes darf der Lehrer den Lektionsplan in keiner Weise eigenmächtig verändern; ebenso wenig darf er die Kinder während der Schulstunden etwas anderes treiben lassen als der Lektionsplan vorschreibt.

§. 9. Auch während der Zwischenstunden und in der Zeit vor dem Beginn des Unterrichtes hat der Lehrer die Kinder zu überwachen. Er hat sich demgemäß einige Minuten vor dem festgesetzten Anfang des Unterrichtes im Schulzimmer einzufinden. 

§. 11. In Betreff der Schulzucht haben Lehrer noch folgende allgemeine Gesichtspunkte zu beachten:
1. Bei der Behandlung der Kinder soll der Lehrer allzeit den Hauptzweck der Schule: Erziehung und Bildung des Kindes für das Leben im Haus, Gemeinde, Kirche und Staat vor Augen haben und danach seine Erinnerungen einrichten.
2. Er nehme stets sorgfältig Rücksicht auf die besondere Beschaffenheit (Individualität) des Kindes. Das von Natur schwache, schüchterne Kind bedarf einer

 schonenderen Behandlung als das muthwillige, kräftige; das lebhafte und eifrige will anders genommen sein als das träge und schläfrige. …                            3. Er begnüge sich nicht, das Kind nur zu einer äußerlichen Gesetzmäßigkeit durch die Furcht vor Strafe zu gewöhnen, sondern er wirke auf innere Antriebe zu einer sittlich guten Gesinnung und einem ihr gemäßen Handeln.
4. Er sei mäßig im Tadeln, wie im Loben, im Bestrafen wie im Belohnen; er bleibe sich immer gleich und hüte sich vor allem vor Parteilichkeit.
5. In allen Erinnerungen des Lehrers müssen die Schüler bei allem Ernste des Lehrers doch seine Liebe zu ihnen und seine Sorge für ihr Wohl wahrnehmen.

§.12. Zur Aufrechterhaltung der Schulzucht steht dem Lehrer das Strafrecht zu, welches aber allzeit mit Ernst, Besonnenheit, Gerechtigkeit und Liebe zu handhaben ist. In Betreff der körperlichen Züchtigung haben die Lehrer folgende Vorschriften zu beachten:
1. Die körperliche Züchtigung soll nicht ohne dringende Veranlassung und niemals in Fällen angewendet werden, wo der besonnenen Überlegung andere, dem Zwecke der sittlichen Besserung des Kindes angemessene Mittel … ausreichend erscheinen müssen.
2. Die körperliche Züchtigung soll niemals in leidenschaftlicher Erregung vollzogen und rasches, jähzorniges Zuschlagen im Augenblicke der Gereiztheit daher vermieden werden.
3. Das Schlagen mit der bloßen Hand oder Faust ist unter allen Umständen zu vermeiden. Auch dürfen die Schläge niemals gegen den Kopf oder gegen das Angesicht der Schüler geführt werden, wie auch die Hände thunlichst zu schonen sind.
4. Als Züchtigungswerkzeug ist lediglich eine Rute oder ein dünnes biegsames Rohr zu verwenden und ist dasselbe für gewöhnlich im Schulschranke verschlossen zu halten.
5. Die Schläge sind in der Regel nur bei Knaben zulässig; sind sie bei Mädchen durchaus nicht zu vermeiden, so dürfen sie nur gegen die fleischigen Theile des Oberarmes geführt werden.

6. Bei zarten, schwächlichen und kränklichen Kindern darf körperliche Züchtigung nicht angewendet werden.
7. Der strafende Lehrer hat Schimpfreden, üble oder beleidigende Worte über Schüler und deren Eltern, Verspottung und Verhöhnung der Kinder, überhaupt alle, was das Ehrgefühl unterdrücken, die Schamhaftigkeit verletzen oder statt der beabsichtigten Besserung zur Erbitterung hervorbringen könnte, unbedingt zu vermeiden.
8. Das Einsperren der Kinder ohne Aufsicht und Beschäftigung ist unzulässig.

§. 13. Im Hinblick auf die betrübliche Wahrnehmung, daß in unserer Zeit die heranwachsende Jugend nach der Entlassung aus der Schule vielfach ein Geist der Geringschätzung gegen alle göttliche und menschliche Autorität, ein Geist der Anmaßung und Selbstüberhebung oft in den rohesten Ausbrüchen zum Vorschein kommt, ist es als eine Hauptaufgabe der Schule zu bezeichnen, daß sie in dieser Beziehung zum späteren Leben vorbereitet.
Es haben sich die Lehrer deshalb folgende Gesichtspunkte immer gegenwärtig zu halten:
1. Die Schule soll dem praktischen Leben in Kirche, Familie, Beruf, Gemeinde und Staat dienen und für dieses Leben vorbereiten.
2. Die Aufgabe der Schule ist also keineswegs erfüllt, wenn sie eine formale Geistesbildung erstrebt und eine Pflegestätte zweifelhafter Halbbildung wird, sondern sie soll ein Geschlecht heranziehen, das dereinst in christlich vaterländischer Gesinnung und in häuslicher Tugend sich bewährt.
3. Darum sollen die Lehrer so früh als möglich in ihren Schülern das Bewusstsein wecken und pflegen, daß wahre Freiheit und Menschenwürde mit Selbstsucht, Genusssucht und Gesetzlosigkeit unverträglich sei, … und daß nur der Mensch seine Bestimmung als Christ, Staatsbürger, Gemeinde- und Familienmitglied wahrhaft erfüllen könne, der in den heiligen Schranken gesetzlicher Ordnung einen untadelhaften Wandel führt und dem seine Pflicht über alles gehe.
4. …

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Bewerbung für eine Lehrerstelle: Christoph Friedrich August Urban, 1806

Magnificè
Hochwohlgeborener, Hochwürdiger, Wohlgeborner, und Hochehrwürdiger,
Beste und Hochgelehrte Herren,

lnsbesonders gnädigste und Hochzuverehrende
Herren Präsident und Assessores!

Wenn ein höchst tragisches Schicksal, wenn in Unglück und Not zu lauten Klagen berechtigen können; so glaube ich dadurch vollkommen entschuldigt zu sein, wenn ich gegenwärtig es wage, Ew: Magnificenz: Hochwohlgeboren: Hochwürden: Wohlgehen und Hochehrwürden: Herren: dieses untertänigste Gesuch ehrfurchtsvoll vorzutragen. Zugleich darf ich mich mit der nahen Hoffnung schmeicheln, daß von Ihnen mein Kummer nach Möglichkeit gestillt, und die so lange entbehrte Ruhe mir werde wieder zugeführt werden.
Die Hauptzüge aus dem traurigen Gemälde meines Lebens sind, daß ich meine früheren Lebensjahre, einen Zeitraum von 11 Jahren, in Hochgräflichen Reußischen Diensten als Gedienter zugebracht habe, hier aber meine Gesundheit untergraben und durch unzweckmäßige ärztliche Behandlung gänzlich geschwächt und zerstört worden ist. Als mir nachher von Hoch Denenselbst der Schuldienst zu Trebnitz anvertraut war, wurden meine körperlichen Leiden teils durch das Betragen des dortigen Geistlichen des Herrn Pfarrer Lachmanns, teils durch die harte Behandlung, welche ich von einigen mir gehässigen Bauern erdulden musste, noch mehr vergrößert, und ich ward dadurch, in einem heftigen Ausbruche meiner körperlichen Leiden zu einem Schritte verleitet, der mich auch einige Augenblicke mich selbst vergessen machte. Doch dies alles ist Hoch Denenselbst bereits zu bekannt, als daß ich nötig haben sollte, eine nochmalige Darstellung davon jetzt vom neuen zu unternehmen. Indessen hatte diese unfreiwillige Handlung für mich die ernste Folge, dass von Ihro Hochgräfl.: Gnaden selbst mir damals angeraten wurde, um meine Entlassung von dieser Stelle untertänigst anzusuchen. Ich tat dies aus tiefster Ehrfurcht und im schuldigsten Gehorsam gegen meinen gnädigsten Landesherrn, aus Furcht, außerdem dessen hohe Gnade aufs Spiel zu setzen, und in der Hoffnung, durch Höchst Dieselbst wieder auf eine andere Art versorgt zu werden. Doch bis jetzt ist mein wiederholtes untertänigstes Bitten nicht gewillfahret worden, noch immer irre ich herum, ohne einen bestimmten Erwerb und in banger Erwartung für eine noch sorgenvollere Zukunft.
Das in größter Ehrfurcht beigefügte Gutachten von der medizinischen Fakultät zu Jena über meinen ehemaligen Seelenzustand, wo ich mich so weit verirrte, daß ich sogar Hand an mich zu legen versucht war, beweist es unbezweifelt, daß jene unselige Handlung in keinem freien Zustande von mir unternommen wurde, daß ich damals krank, sehr krank war.
Indessen bin ich gegenwärtig vollkommen wieder hergestellt. Ich befinde mich wieder in dem vollen freien Gebrauch meiner geistigen und körperlichen Kräfte, so daß ich mich stark genug fühle, einen meinen Kenntnissen und meiner bürgerlichen Bestimmung angemessenen Wirkungskreis zu HochDero Zufriedenheit auszufüllen.. Diesfalls kann ich mich auf den Ausspruch vollgültiger Zeugen an meinem hiesigen zeitweiligen Aufenthaltsorte, die mich beobachten können, berufen, auch bin ich bereit und erbötig, ein medizinisches Attest untertänig beizubringen. Auch erweckt schon das tragische Ereignis, wodurch ich um Amt und Unterhalt gebracht und meine bürgerliche Existenz vernichtet worden, gewiss das Mitleid für mich, und bei dem Gefühl für Recht und Billigkeit, womit EW: Magnificenz, Hochwohigeboren:, Hochwürden:, Wohlgeboren:, und Hochwürden: Herren: beseelt sind, darf ich mir die untertänige Bitte erlauben;
Daß HochDieselben nunmehr aus den vorangegebenen Rücksichten, und da ich von meiner ehemaligen Krankheit wieder hergestellt bin, mich entweder als Schulmeister, oder auf eine andere schulische Art, wieder in HochDero Diensten anstellen zu lassen, die hohe Gnade haben wollen.

Die huldvolle Gewährung dieses untertänigsten Gefühls wird mich stets mit dem regsten Eifer zur Erfüllung meiner Pflichten beleben und zugleich die reinen Gefühle der größten Dankbarkeit und Verehrung in mir unterhalten, in welchen ich lebenslang beharre.

Ew: Magnificenz, Hochwohlgeboren:
Hochwürden: Wohlgeboren: und Hochehrwürden:
Herren:

Köstritz, den 23sten Jenner 1806                    

                                                                           (untertänigster Christoph Friedrich August Urban)

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Dank für die Aufarbeitung der Dokumente: Johanna und Rudi Schmalfuß; beste Bildschirmauflösung. 1024x768
Hauptbücher der Schule Köstritz  1838 - 1923
Diese Eintragungen in den Hauptbüchern liegen für alle Schüler, die die Schule Köstritz besucht haben, von 1838 - 1923 lückenlos vor. Eingetragen wurden die körperlichen Gebrechen, Krankheiten, Versetzungen, Zensuren für alle Schuljahre und die Fehltage. Nach 1923 wurden Schülerbogen eingeführt, die nicht archiviert worden sind.